Kirche "Sagrada Família" in Barcelona (Spanien) von Antoni Gaudí begonnen; seit 1882 im Bau - Foto: weisserstier - Quelle: flickr

Nachdem Stephan mich im Zusammenhang mit dem Artikel „Christkatholisch ist nicht Christ-Katholisch“ in seinem Kommentar gefragt hat, wie meine persönliche Meinung zum Thema „Neugründung einer Kirche“ und „Vaganten-Hintergrund der Leinauer“ ist, fange ich erst mal mit dem Thema „Neue Kirche“ an.

Historisch gesehen entstanden neue Konfessionen – sofern ich das recht sehe – im Regelfall aus einer Unzufriedenheit mit dem bisher Bestehenden heraus, aus einer inneren, subjektiven Einschätzung, dass das Bestehende nicht dem entspricht, was man selber als richtigen Glaubensweg in der Nachfolge Jesu Christi interpretiert. Zumindest war dies häufig der erste Ansatzpunkt. Danach kamen dann im Regelfall sehr schnell säkular-machtpolitische Fragen ins Spiel und überlagerten häufig genug die eigentlich religiöse Auseinandersetzung oder machten sich diese zu nutze, um ihr eigenes Spielchen zu spielen. Oder es waren ganz persönliche Interessen von Einzelpersonen, die entsprechenden Einfluss und entsprechende Macht hatten, die dann eine Spaltung durchzogen – der Ursprung unserer anglikanischen Schwesterkirche unter Heinrich VIII. ist hier, denke ich, durchaus ein Beispiel. Und natürlich kam es auch vor, dass diese machtpolitischen Fragen oder persönlichen Interessen der Ursprung der Spaltung waren – machtpolitische Fragen und persönliche Interessen, die dann religiös verbrämt wurden …

Ich denke, die säkular-machtpolitische Frage kann im aktuellen Fall hinsichtlich der Leinauer „Christ-Katholischen Kirche i.G.“ vernachlässigt werden.- Bleiben die religiöse Frage und die persönlichen Interessen.

Da ich Pater Klaus Schlapps von den Leinauern und die anderen dortigen Brüder zu wenig kenne, kann ich nicht einschätzen, ob hier möglicherweise persönliche Interessen mitspielen.

Allerdings habe ich in Blick auf die religiöse Fragestellung mittlerweile – auch vollkommen unabhängig von Leinau – den Eindruck gewonnen, dass es eine größere Gruppe an Christen – interessanterweise nach meiner bisherigen Wahrnehmung in der Tat überwiegend Männer – unterschiedlicher Konfession gibt, die auf der Suche nach einer hochkirchlich-konservativen Form von Kirchlichkeit sind, denen die Römisch-Katholische oder die Selbstständig Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) aber gleichzeitig zu eng und zu exklusiv (ausschließend) ist, denen wir Alt-Katholikinnen und Alt-Katholiken aber wiederum zu liberal sind (vor allem die Frage unseres offeneren Umgangs mit dem Thema Homosexualität, abgeschwächt auch unsere Befürwortung der bei uns realisierten Frauenordination und die damit zusammenhängende Frage der Gleichberechtigung, aber auch die Frage unseres historisch-kritischen Umgangs mit der Bibel werden dort eher kritisch gesehen). – Auch das, was ich von einem anscheinend mariavitischen Schreiber auf der Plattform „Mensch und Kirche“ manchmal lese, geht nach meinem Empfinden in diese Richtung (ohne dass ich damit behaupte, dass die mariavitische Kirche solche Einstellungen vertritt; dazu kenne ich sie zu wenig).

Ich denke, es ist nicht verwunderlich, dass sich in diesen hochkirchlich-konservativen Kreisen auch Vernetzungen ergeben, wie sie ja auch aus der Link-Liste bei den Leinauern deutlich werden, wenn dort beispielsweise Links zur Thüringer Congregatio Canonicorum Sancti Augustini in Schwallungen und ins Evangelisch-lutherische Benediktinerkloster St. Wigberti in Wernigshausen (bei Erfurt / Thüringen) bestehen, deren Prior Franz Maria Schwarz sich ja auch vor zwei Jahren von einem Vaganten zum Bischof des „Hochkirchlichen Apostolats St. Ansgar“ weihen ließ (hatte einiges an Wirbel in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) verursacht …).

Ob das Ganze jetzt aber gleich zu einer Neugründung einer eigenständigen Kirche führen muss? Ist die „Lücke“, die sich hier aufzutun scheint, wirklich so groß, dass diese Christen keine echte Heimat in einer anderen, bestehenden Konfession finden können, und sich und ihre Kirchlichkeit nur über Vaganten-Weihen und eigene Zirkel beheimatet finden zu können meinen? – Das zu beantworten fällt mir noch sehr schwer, zumal ich einzelne Christen aus diesem Kreis kenne, denen ich die Ernsthaftigkeit ihrer Suche auch dann nicht bestreiten möchte, wenn ich persönlich ihre Motive und ihre Argumentationsweise für mich persönlich nicht nachvollziehen kann.

Dennoch bleibe ich allerdings dabei, dass ich es sehr unglücklich und ärgerlich finde, dass die Leinauer für ihre „Kirchengründung“ den Namen „Christ-Katholisch“ verwenden und damit eine Verwechslung mit den Alt-Katholischen Kirchen der Utrechter Union und unserer schweizer Christkatholischen Kirche schon regelrecht provozieren.